Es war bei einem Konzert vor zwei Jahren; als Dana International zum letzten Mal mit Flaschen beworfen und bespuckt wurde. Die israelische Sängerin trat in einem religiösen Viertel nahe Jerusalem auf. "Damals schwor ich mir", sagt Dana, "daß mir so etwas nie wieder passieren wurde. Ich wollte diesen Haß in Liebe umwandeln." Von Annabel Wahba.
Sie hat es fast geschafft. Dana International ist derzeit Israels beliebteste Sängerin, am Samstag wird sie ihr Land beim Grand Prix d'Eurovision mit dem Song "Diva" vertreten. Ihr Auftritt beim Grand Prix gleicht einer Revolution im Schlagerbusiness: Sie ist die erste Transsexuelle, die an dem Wettbewerb teilnimmt. Und sie startet für ein Land, in dem die Ultrareligiösen an der Regierung beteiligt sind. Nach deren Meinung hatte Israel ein Licht an die christliche Welt schicken sollen. Und nicht eine Stimme der Dunkelheit und des Satans, wie Vize-Gesundheitsminister Schlomo Benisri (Schas-Partei) sagte. Ultrareligiöse, allen voran Benisri, drohten, Danas Auftritt in Birmingham zu verhindern. Israel könne keinesfalls von "einer Kreatur wie aus Sodom und Gomorrha" vertreten werden. Doch rechtlich gibt es gar keine Möglichkeit, die Teilnahme der Transsexuellen zu verhindern.
Mit diesem kleinen Sieg über die Ultrareligiösen ist Dana für viele säkulare Israelis ein Symbol in der Auseinandersetzung mit den Orthodoxen geworden. "Wir leben in Israel wie in zwei Staaten", sagt Dana, "in Tel Aviv umarmen sich die schwulen Pärchen auf der Straße, in den religiösen Vierteln würden sie dafür bespuckt", sagt sie.
Ihre Fans lieben sie nicht nur wegen ihrer Musik, einer Mischung aus Dance und orientalischen Rhythmen. Sie sind stolz, weil Dana den Europäern zeigt, daß Israel ein modernes Land ist, und anderes zu bieten hat als Bombenanschläge und ultrareligiöse Siedler.
Dana ist in ihrer Heimat zwar ein Star, doch zum Interview in ihrer Tel Aviver Wohnung erscheint sie ungeschminkt und im Bademantel. Vergeblich sucht man in ihrem Gesicht nach männlichen Zügen, nach irgend etwas, das ihre Vergangenheit verrät. Sogar Danas Stimme ist so hell, als gehörte sie schon immer zu einer Frau.
"Mein Traum ist es, meine Karriere auch auf Europa auszudehnen", sagt Dana. Jedenfalls wird sie beim Schlagerwettsingen in Birmingham den anderen Teilnehmern die Show stehlen. Vielleicht auch dem deutschen Parodisten Guildo Horn. Daß neben Horn auch eine Transsexuelle mitmacht, paßt scheinbar in das Bild vom Grand Prix als Spielwiese für einen Haufen Verrückter: Doch Dana sieht sich nicht als Persiflage. Die Zeiten, als sie unter ihrem Geburtsnamen Yaron Cohen in Drag-Shows die bekannte israelische Sängerin Ofra Haza parodierte, sind vorbei. Yaron ließ sich 1992 in London zur Frau umoperieren, danach gewannen Danas Alben zweimal Gold und einmal Platin. Demnächst wird sie in einem Duett mit Ofra Haza zu hören sein. Sie hat den Sprung von der Parodie zum Original geschafft.
Dana hat mittlerweile Fans in allen Schichten der Gesellschaft, obwohl sie zu einer extremen Außenseitergruppe gehört - in ganz Israel gibt es nur etwa 60 Transsexuelle. "Ich hatte die Queen der Schwulenszene sein können" , sagt sie. Sogar in arabischen Ländern hat die Sängerin ihre Bewunderer. Dana, deren Familie aus dem Jemen stammt, singt einige ihrer Songs auf arabisch. In Ägypten hat sie mehrere Millionen Kassetten verkauft - allerdings unter dem Ladentisch.
Denn Danas Beitrag zur israelisch-arabischen Verständigung stößt bei der Regierung in Kairo auf wenig Gegenliebe. Sie verbot die satanischen Lieder der Dana International. Weil die israelische Transsexuelle Ägyptens Jugend verderbe.
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